RABIT at ERTC

Ich habe mir vorgenommen, zu manchen Bookings, die ich mit dem musikverein mache, wieder auch hier etwas zu schreiben. Das Musik-Bloggen hatte ich etwas vernachlässigt, weil meist gleich nach einem Post etliche ungefragte Promos in meiner Inbox landen, und dass sich Marketing so durch alles zieht, wo über Musik geschrieben wird, nervt. Es ist schwer geworden, einen Ansatz, der tief in der DIY Culture und Soziokultur verankert ist, noch von kommerzieller und von Staatspop-Musikkultur abzuheben. Die Übergänge sind fließend geworden, die Kompromisse endlos. Andererseits ist es aber auch schade, wenn ich über Musik, die ich wichtig, relevant oder berührend finde, nur deswegen nicht schreibe, weil ich Angst habe, automatisch wie eine Staubsaugervertreterin rüberzukommen. ^^
Also versuch ich’s hin und wieder wieder und hoffe, euch ab und zu mitzubegeistern.

Für ERTC habe ich einen Text für RABIT geschrieben. Auf RABIT freue ich mich besonders, weil der musikverein, das Veranstalterkollektiv, bei dem Philip M alias SHAMAIN SHAMPAIN von ERTC und ich mitmachen, so wunderbar unvernünftig war, Philip M und mir dieses doch für eine Stadt wie Nürnberg risikoreiche Booking durchzuwinken, obwohl wir da gerade Bookingstopp hatten, weil es finanziell gerade mal gar nicht gut um uns stand. RABIT kommt am 6.11. ins Zentralcafé.

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“Wot do u call it?” fragte 2008 Eskiboy Wiley und die Antwort für das, was er und einige andere in London zu dieser Zeit aus Two-Step/UK Garage, Jungle/Drum&Bass/Breakbeat, Electro und Dub/Dancehall herausentwickelten, war: “Grime!” Futuristische elektronische Elemente, Video Game Bleeps und Stabs, gebrochene Rhythmen und dunkle, gutturale Basslinien zeichnen diese vorwiegend von Schwarzen geprägten Musik aus, ebenso wie harte Raps in London-English, und ja, es steckt ein Kern Punk drin, mit all seiner Urbanität und Agression. 8 Jahre später sind eine Handvoll ehemaliger Grime-Größen längst geglättet im Mainstream gelandet. Parallel dazu hat sich aber in letzter Zeit im Underground wieder Spannendes entwickelt: Meist reduziert um MCs oder Raps wird nun instrumental auch weit über UK hinaus an Grime Beats herumexperimentiert. Als Einstieg in diese zweite Welle des Grime seien die Podcasts von Mumdance und Logos (BOXED) auf Rinse.fm empfohlen. Hier der aktuelle Boxed Podcast, u.a. auch mit Rabit.

 

Einer der interessantesten Künstler dieser Szene ist RABIT aus – wer hätte das gedacht: Houston, Texas. In seiner Musik wuchten sich extreme Bässe durch weite Räume. Atmosphärische dunkle Beats prägen den Eindruck, du seist in eine Maschine geworfen, als würdest du dich in metallisch-unterkühlten Strukturen eines Computerspiels verlaufen, während dich kleine funky elektronische Momente im Vorbeigleiten anstupsen und sich mit jedem deiner Tanzschritte hinter dir der Raum, den du gerade durchquert hast, gleich wieder zerlegt. Industrial, ja, aber einer der digitalen Industrialisierung. RABIT alias Eric Burton, erzählt, das sein im Oktober erscheinendes Album auf TRI ANGLE stark politisiert sei: Es ist von seinen Gedanken um Fragen von Sexualität, Gender, Macht, Ungerechtigkeit und Kontrollsystemen durchdrungen. Schön zu hören in einer Zeit hyperkommerzialisierter elektronischer Musik. Willkommen zum Post-Apokalypse Dancefloor.

Außerdem hat RABIT inzwischen auch ein eigenes Label am Start, Halcyon Veil, das ihr im Auge behalten solltet, wenn euch experimentelle, politisierte, düstere, bassige, elektronische Musik interessiert. Dort findet ihr zum Beispiel ein NON-Co-Release von ANGEL-HO, gemastert von ARCA, und es kann von der Label-Website derzeit noch gratis heruntergeladen werden, wo ihr auch das Info/Manifest dazu lesen könnt.

Ein Video gibt’s zu diesen Tracks nicht, aber hier ist eins von Dope Saint Jud feat. Angel-Ho zu ‘Keep in touch’.

 

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